1. Überangebot
Der Markt für KI im Marketing boomt, doch viele der angebotenen Tools bieten bei genauerem Hinsehen sehr ähnliche Funktionen. Midjourney, Stable Diffusion und DALL-E unterscheiden sich zwar in ihren Trainingsdaten und Workflows, generieren aber letztendlich Bilder. Auch kleinere KI-Tools basieren meist auf den gleichen großen Sprachmodellen (LLMs).
Vor einer Entscheidung lohnt es sich daher zu prüfen, ob ein Tool wirklich relevante neue Funktionen oder lediglich eine leicht abgewandelte Version bestehender Technologien bietet. Spoiler: In den meisten Fällen gilt Letzteres!
2. Entscheidungen treffen
Die meisten Marketingteams nutzen bereits eine Vielzahl digitaler Werkzeuge – von Asset-Management-Systemen bis zu Crossmedia-Planungstools. Eine der ersten Fragen bei der KI-Integration im Marketing sollte daher lauten: Soll eine bestehende Software um KI-Funktionalitäten erweitert werden? Oder will man mit KI eine völlig neue Tool-Kategorie einführen?
Integration bestehender Systeme: Wer beispielsweise Figma nutzt, profitiert von einem KI-Plugin, das sich nahtlos einfügen lässt.
Eigenständige KI-Tools: Bieten oft mehr Funktionen als Plug-ins, erfordern jedoch höheren Implementierungsaufwand.
3. Aufs richtige KI-Modell setzen
Ob ChatGPT, LLaMA, Gemini oder Claude – die Unterschiede zwischen den Large Language Models (LLMs) sind oft minimal. Markenentscheider:innen können daher pragmatisch vorgehen und einfach das Modell wählen, das sich am besten in ihre bestehende IT- und Marketing-Infrastruktur integrieren lässt. Wer beispielsweise mit Microsoft Azure arbeitet, wird mit OpenAI-Services wie ChatGPT die geringsten Schnittstellenprobleme erleben. Und auch das IT-Department, das die Erweiterungen ja integrieren und pflegen muss, freut sich über unkompliziertere, weil kompatible Lösungen.
4. KI-Lösungen selbst entwickeln
Aber was tun, wenn kein KI-Tool die spezifischen Anforderungen einer Marke erfüllt? Die Lösung könnte in einer eigens entwickelten KI-Anwendung liegen. Klingt nach ausuferndem Projekt, ist aber letztlich häufig die bessere Lösung. Denn der Aufbau eines proprietären KI-Systems erfordert nicht zwangsläufig hohe Budgets oder große Beratungsfirmen. Oft lässt sich mit lokalen Softwareentwicklern oder Universitäten eine maßgeschneiderte KI für das Markenmanagement schaffen (bei Strichpunkt kooperieren wir hier beispielsweise erfolgreich mit der Stuttgarter Hochschule der Medien).
Und klar ist: Mit schlanken Modellen wie Deepseek ändert sich dieses Spiel gerade noch einmal grundlegend. Das Training eigener, individuell zugeschnittener Modelle dürfte künftig noch einmal deutlich unaufwändiger werden!
5. Risiken beobachten
So leichtgängig die Integration von KI-Werkzeugen technisch abläuft, so ungeklärt sind die rechtlichen Rahmenbedingungen der meisten KI-gestützten Marketingtools. Zwei Beispiele veranschaulichen dies:
Urheberrechtsfragen: Viele KI-Modelle sind mit Texten und Bildern trainiert worden, und zwar möglicherweise (das ist eine vorsichtige Formulierung) ohne das Einverständnis der Urheber einzuholen. Deren Urheber könnten gegen die Verletzung ihrer Rechte klagen (und tun es teilweise bereits). Bis zur Entscheidung befinden sich KI-generierte Inhalte in einer juristischen Grauzone.
Fehlender Copyright-Schutz: Derzeit gibt es kein einheitliches Urheberrecht für KI-generierte Texte, Bilder oder Videos. Das bedeutet: Wettbewerber könnten solche Inhalte frei nutzen, ohne dass man sie dafür belangen könnte.
So leichtgängig die Integration von KI-Werkzeugen technisch abläuft, so ungeklärt sind die rechtlichen Rahmenbedingungen der meisten KI-gestützten Marketingtools.
Andreas Stiegler, Strichpunkt Design
Wer diesen rechtlichen Fallstricken aus dem Weg gehen möchte, sollte auf KI-Modelle mit transparenter Datenquelle setzen, wie zum Beispiel Stable Diffusion mit dem europäischen LAION-Datensatz.
Startklar für Disruption
Aktuell sprechen wir hauptsächlich darüber, wie KI unsere technologische Umwelt, unsere Arbeitsprozesse und unsere Marken verändern wird. Und das völlig zu Recht. Aber KI ist beileibe nicht die letzte technologische Innovation, die einen solchen disruptiven Eindruck in unserer Branche hinterlassen wird. Sie ist nur die erste, die mit einer extrem hohen Geschwindigkeit Einzug hält. In sehr naher Zukunft werden wir bereits mit der nächsten technologischen Innovation konfrontiert werden, und dann wieder der nächsten. Welche das sein werden, wissen wir heute noch nicht. Nur dass sie uns mit enormem Tempo begegnen werden, das steht fest.